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by Julia und Pauline

Woran erkenne ich nachhaltige Möbel?

Schild im Wald mit Text: Nachhaltigkeit

Spätestens seit „Fridays for Future“ ist klar: Nachhaltigkeit geht jeden etwas an! Zeit also, die guten Vorsätze für das neue Jahr anzugehen und seinen eigenen Alltag nachhaltiger zu gestalten – und wieso nicht bei einer nachhaltigeren Einrichtung anfangen? Aber woran erkennt man eigentlich nachhaltige Möbel? Worauf muss ich achten? Diesen Fragen wollen wir nachgehen und etwas Licht in den Nachhaltigkeitsdschungel bringen.

Die Themenvielfalt der Nachhaltigkeit ist facettenreich und undurchsichtig. Klimawandel, Abholzung, Ausbeutung sind große und schwere Begriffe, die einem erstmal auf den Magen schlagen. Wie soll man da als einzelner Privatmensch überhaupt etwas bewirken können? Das ist aber gar nicht so schwer, wenn man ein paar Grundgedanken verinnerlicht.

Zunächst einmal sollte man sich bewusst werden: Jede Herstellung eines Möbelstücks, jede Kaufentscheidung hat immer irgendwo Auswirkungen auf Mensch und Umwelt – sei es beim An- oder Abbau von Rohstoffen, durch Transportwege, anfallende Abfälle, Energie- und Wasserverbräuche bei der Produktion, Arbeits- und Lebensumstände der am Produkt beteiligten Menschen und nicht zuletzt bei der Entsorgung.

Das Ziel bei der Herstellung nachhaltiger Produkte ist daher, die negativen Auswirkungen im gesamten Herstellungsprozess entlang der Lieferkette eines Produktes so gering wie möglich zu halten. Produkte und Prozesse sollten dabei so umweltfreundlich, sozial-verträglich und ökonomisch nachhaltig wie möglich gestaltet sein. Und hier gibt es verschiedene Ansatzpunkte, auf die man als Verbraucher beim Möbelkauf achten kann:

Qualität – langlebig statt billig

Die Qualität und Verarbeitung des Materials, aus dem Einrichtungsgegenstände hergestellt sind, sind wichtige Faktoren für Nachhaltigkeit. Das Credo dabei: Je hochwertiger und langlebiger ein Produkt, desto seltener muss es überhaupt erst gebaut werden. Und das schont die Umwelt!

Leider setzen viele Möbel-Discounter bei der Produktion auf Spanplatten oder einen hohen Plastikanteil. Spanplatten oder Flachpressplatten bestehen aus zusammengepressten und verleimten Holzspänen. Diese Art der Produktion ist weitaus günstiger als hochwertiges Massivholz zu nutzen. Darunter leidet aber die Stabilität und Haltbarkeit der Möbel. Und wer kennt es nicht? Einmal aufgebaut, überstehen viele Spanplatten-Möbel den nächsten Umzug oftmals nicht und landen nach nur kurzer Nutzungsdauer auf dem Sperrmüll. Ein Neukauf ist die Konsequenz und darüber freut sich lediglich der nächste Möbel-Discounter.

Weitaus nachhaltiger ist es deshalb, sich für hochwertige Möbel aus Massivholz zu entscheiden. Massivholz besteht aus echtem Vollholz, welches direkt aus dem Baumstamm zu Holzbohlen und Platten und dann zu Brettern und Lamellen geschnitten und vom Tischler direkt zu Möbeln weiterverarbeitet wird. Massivholz-Möbel bestehen also aus einer einzigen Holzart. Die Qualität ist so besonders, dass in der DIN-Norm 68871 genau geregelt ist, was als Massivholz-Möbel bezeichnet werden darf und was nicht. Massivholz-Möbel sind bei guter Verarbeitung sehr stabil und können über mehrere Generationen halten. Und wer ist denn nicht stolz darauf, wenn Omas alte Kommode im Wohnzimmer alle Blicke auf sich zieht?

Zur Qualität eines Möbelstücks zählt übrigens auch, dass man es einfach reparieren und reinigen kann. Die Bestandteile sollten so gefertigt sein, dass man sie bei eventuellen Schäden leicht ersetzen oder erneuern kann. Eine Macke beim Umzug oder ein Kaffeefleck auf dem Polster sollten nicht gleich den direkten Gang zum Sperrmüll bedeuten.

Nicht zuletzt spielt das Design ebenfalls eine große Rolle für die Langlebigkeit: Schlichte und zeitlose Formen und Farben überstehen jeden kurzfristigen Wohntrend und sind auch nach vielen Jahren noch gerne gesehen.

Natürlich gelten all die Qualitätsanforderungen für nachhaltige Möbel nicht nur für Holz. Auch Stoffe bei Polstermöbeln und Metallmöbel sollten robust und hochwertig verarbeitet sein, sodass sie Strapazen standhalten und über viele Jahrzehnte Freude bereiten.

Herkunft – regional statt aus Übersee

Als nachwachsender Rohstoff ist Holz ein natürlicher und nahezu idealer Baustoff für Möbel. Leider ist es aber die Realität: Viele Unternehmen lassen Rohstoffe wie Holz, einzelne Bestandteile und ganze Möbelstücke aus Asien, Afrika oder Südamerika anliefern, um günstiger produzieren zu können oder dem Wunsch nach schicken Tropenhölzern zu folgen. Dabei ist die Herkunft von Holz aus exotischen Ländern sehr kritisch zu sehen. Illegaler Holzeinschlag und Korruption stehen dort oft an der Tagesordnung. So gelangen trotz Einfuhrverbot noch immer riesige Mengen illegalen Holzes nach Europa und Deutschland, wie dieser prägnante Beitrag des SWR zeigt.

Illegales Holz auch in Deutschland - (swr.de)

Das ist erschreckend und gar nicht nötig! Schließlich haben wir in Deutschland und Europa wunderschöne heimische Holzarten, die sowohl optisch als auch funktional locker mit Tropenhölzern mithalten können. Deutschland ist sogar der umsatzstärkste Hersteller von Möbeln in Europa 1 . Wieso also Holz und ganze Möbelstücke durch die halbe Welt transportieren, wenn wir doch alles vor der Tür haben?

Als Verbraucher sollte man also unbedingt darauf achten, dass Möbel und bestenfalls auch die einzelnen Bestandteile regional in Deutschland oder zumindest in unbedenklichen europäischen Ländern hergestellt werden. Gerade beim Holz sollte die Verwendung von heimischen Hölzern für den Bau von Möbelstücken natürlich Priorität haben, um Tropenwälder zu schützen und Transportwege kurz zu halten.

Zugegeben: Es ist oft kaum möglich herauszufinden, woher der Produzent sein Zubehör bezieht. Besonders transparente Unternehmen legen ihre Lieferketten jedoch offen. Dies bedeutet, dass alle Bestandteile des Möbelstücks und deren Herkunft dokumentiert werden und für den Kunden einsehbar sind.

Zertifizierungen und Siegel können helfen, eine nachhaltige Herkunft von Holz zu erkennen. Achten Sie auf Siegel wie FSC®, PEFC oder Naturland. Diese zeigen, dass das Holz der Möbel aus ökologisch verantwortlicher und sozial verträglicher Forstwirtschaft stammt.

Arbeitsbedingungen – fair statt ausbeuterisch

Wen wundert es: Auch in der deutschen Möbelbranche ist China beim Import von Möbeln ganz vorne mit dabei und liegt gleich hinter Polen auf Platz 2 2 . Laut des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie 3 hat der Import von Möbeln aus China dieses Jahr sogar schon saftig zugelegt – nämlich bereits im dritten Quartal um ganze 12,4 % im Vergleich zu 2018. Dass die Arbeitsbedingungen in Niedriglohnländern oftmals nicht akzeptabel sind, kennen wir auch schon aus der Textilindustrie. Lange Arbeitstage, schlechte Bezahlung, Unterdrückung und unter Umständen auch noch Kinderarbeit – wer kann denn da noch ruhig schlafen in seinem Billigbett aus Übersee?

Fragen Sie deshalb einfach beim Händler oder Hersteller nach, ob er bei Möbeln aus Drittländern auf faire Arbeitsbedingungen achtet und wie er dies überprüft. Besucht er seine Lieferanten regelmäßig und prüft die Arbeitsbedingungen? Sind die Produktionsstätten vielleicht sogar entsprechend zertifiziert?

Die Zertifizierung von Sozialstandards durch unabhängige Prüfinstitute ist gar nicht so unüblich. Gängige Zertifizierungsstandards sind beispielsweise der BSCI-Standard, der noch viel strengere SA8000 Standard oder zum Teil auch der FSC®-Standard.

Wer hier allerdings sichergehen will, dem sei wieder mal der Kauf von regionalen Produkten aus Deutschland oder zumindest Europa geraten. Hier sind die Arbeitsbedingungen gesetzlich streng geregelt und werden –zumindest in den meisten Fällen – auch eingehalten.

Wiederverwertung – recyceln und upcyceln statt wegschmeißen

Nichts ist so nachhaltig wie die Lebensdauer von Möbeln zu erhöhen. Muss es also wirklich immer ein neues Möbelstück sein? Vielleicht findet sich in den Tiefen von Omas und Opas Keller und Dachboden ja noch das ein oder andere Schmuckstück, das in der eigenen Wohnung einen neuen Platz findet? Auch auf Online-Portalen wie Ebay Kleinanzeigen, auf Flohmärkten und in Möbel-Secondhand-Läden gibt es wahre Schätze zu ergattern. Das Angebot ist riesig und schont zudem den Geldbeutel.

Ein neuer Anstrich, eine gründliche Reinigung oder auch nur leichte Anpassungen, wie neue Griffe oder Bezüge, können alten Möbeln dabei zu einem frischen, neuen Design verhelfen. Das Upcycling von Möbeln ermöglicht damit auch einen ganz persönlichen Touch.

Dies ist nicht nur für Nachhaltige und Individualisten eine gute Option, sondern vor allem auch für Menschen, die eine günstige Übergangswohnlösung brauchen. So muss es auch für Studenten und häufige Wohnort-Wechsler nicht gleich der Griff zu unnachhaltigen Billigmöbeln sein.

Und wer unter den alten Schönheiten dann doch nichts für sich findet, dem sei auch geholfen: Denn mittlerweile gibt es viele kleine Werkstätten und Produzenten, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verpflichtet haben und hochwertige Designermöbel aus ausschließlich recycelten Materialen herstellen – ob aus Altholz, Stoffresten oder Ausschussware.

Wie kann die Nutzungsdauer von Möbeln weiter erhöht werden? Indem man über die Nutzungsdauer hinaus denkt! Denn jedes Möbelstück landet früher oder später auf dem Müll. Und wenn auch hier die Einzelteile wiederverwertet und der Produktion neuer Produkte wieder hinzugefügt werden können, ist dies natürlich nachhaltiger als die Verbrennung oder gar das Verfrachten auf eine Mülldeponie. Kreislaufwirtschaft nennt man das! Und dafür müssen die einzelnen Bestandteile eines Möbelstücks aus recycelfähigem Material und zudem leicht voneinander trennbar sein. Leider steckt die bewusste Produktion von Möbeln nach den Regeln der Kreislaufwirtschaft noch in den Kinderschuhen.

Hilfsmittel – schadstofffrei statt gesundheitsgefährdend

Kleinvieh macht auch Mist! Und das gilt auch für Möbel. Denn Leisten, Fronten und Tischbretter müssen immerhin auch verleimt, versiegelt und oberflächenbehandelt werden. Und wer schon mal im Baumarkt gestanden hat, der weiß: Hier ist die Auswahl der fast unsichtbaren Hilfsmittel schier unendlich. Klebstoffe, Lacke, Öle, Lasuren und Wachse gibt es in den unterschiedlichsten Farben und Zusammensetzungen. Die meisten von ihnen enthalten Schadstoffe wie Lösemittel oder Weichmacher, die beim Ausdünsten gesundheitsschädlich sind und bei der Herstellung und Entsorgung die Umwelt belasten. Gerade bei neuen Möbeln kann dies problematisch werden, da Leime, Lacke und Co. noch nicht vollständig ausgehärtet sind und durch die Ausdünstungen die Raumluft belasten. Auch bei Möbeln aus Übersee ist Vorsicht geboten, denn in vielen Ländern sind Grenzwerte und chemische Zusammensetzungen von Hilfsmitteln längst nicht so streng geregelt wie in Deutschland. Und eine Kontrolle durch den Zoll findet nur stichpunktartig statt.

Beim Möbelkauf sollte man also bewusst darauf achten, dass schadstoffarme und naturbasierte Hilfsstoffe verwendet wurden. Aber auch hier sei Vorsicht geboten, denn Begrifflichkeiten wie „auf wasserlöslicher Basis“, „für den Innenbereich geeignet“ oder „Bio“ bedeuten nicht zwingend eine komplette Schadstofffreiheit. Ganz ohne Schadstoffe kommt nämlich kaum ein Hilfsmittel aus. Sogar ökologische Lösungsmittel wie Terpen, welches natürlich in Kiefernholz vorkommt und zum Beispiel als Lösungsmittel in Lacken verwendet wird, können bei empfindlichen Menschen Allergien auslösen. Komplett schadstofffrei ist dagegen die Verwendung von Leimen und Oberflächenbehandlungen auf rein natürlicher Basis. Hierzu zählen Bienenwachs, pflanzliche Öle oder Naturharzleime.

Eine sehr gute Orientierung bieten auch hier entsprechende Siegel. Achten Sie zum Beispiel auf den Blauen Engel, das Goldene M oder das ÖkoControl-Siegel. Diese Gütesiegel schließen unter anderem stark schadstoffhaltige Möbel aus und erlauben nur eine minimale, unbedenkliche Ausdünstungsmenge, die weit unter dem gesetzlichen Standard liegt. Eine Gegenüberstellung von aktuellen Siegeln in der Möbelbranche haben wir hier für Sie zusammengestellt.

Fazit

Das Thema Nachhaltigkeit ist facettenreich. Will man seine Inneneinrichtung nachhaltig gestalten, gibt es viele Themen und Faktoren zu beachten. Aber hiervon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und auch das Preisthema spielt ja immer eine wichtige Rolle. Es ist daher erstmal wichtig, überhaupt einen Anfang zu wagen. Es ist völlig ok, sich bei der Anschaffung von Möbeln erstmal nur auf die Nachhaltigkeitskriterien zu konzentrieren, die einem selbst wichtig sind.

Oft hilft auch schon eine genauere Betrachtung des Herstellers: Wie glaubhaft ist er? Sind seine Produkte zertifiziert? Engagiert er sich in seinem eigenen Betrieb für Umweltschutz und Soziales? Eine gute Hilfe bieten auch immer entsprechende Siegel. Die wichtigsten Siegel und Label für Möbel haben wir Ihnen in diesem separaten Blogartikel zusammengefasst.

Entscheidend ist: Fragen, fragen, fragen! Nur wer den Händler oder Hersteller zur Nachhaltigkeit seiner Möbel befragt, zeigt ihm, dass ein ernsthaftes Interesse an diesen besteht und gibt den Anstoß, dieses Thema zu fokussieren.

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